Dietrich Mateschitz, der österreichische Unternehmer, ist mit der Marke „Red Bull“ zu einem der reichsten Europäer geworden. Laut „Forbes“ liegt sein Vermögen bei etwa drei Milliarden Euro. Im Jahr 2009 wurden weltweit fast vier Milliarden Dosen des Getränks verkauft und Red Bull erzielte damit einen Umsatz von etwa 3,3 Milliarden Euro. Auf der Liste der wertvollsten Marken in Europa befindet sich Red Bull unter den Spitzenreitern.
Dietrich Mateschitz war Anfang der 80er Jahre für den holländisch-britischen Konsumgüterkonzern Unilever tätig. Zufällig fiel ihm auf, dass sich auf Platz 1 eines Rankings der Unternehmen, welche am meisten Steuern in Japan zahlten, ein Industriebetrieb namens Taisho Pharmaceuticals befand. Der Konzern stellte ein Getränk her, das den Inhaltsstoff Taurin enthielt. Mateschitz war neugierig geworden. Auf einer seiner vielen Geschäftsreisen nahm er Kontakt mit einem thailändischen Franchise-Partner des Unilever-Konzerns auf, welcher in Thailand das Getränk Krating Daeng herstellte – was auf Thailändisch „Roter Stier“ heißt. Mateschitz, den das bis dahin in Europa und den USA unbekannte Energiegetränk faszinierte, erwarb 1984 die Lizenzrechte, um dieses Getränk außerhalb Asiens zu vertreiben. Ein Jahr später kündigte er im Alter von 41 Jahren seinen Job bei Unilever.
Von Anfang an erkannte der Marketing-Profi die Bedeutung eines guten Marketings. Doch für ihn war dieses Marketing nicht nur eine wichtige Komponente, die zum Erfolg seiner neu gegründeten Firma beitragen sollte, sondern er setzte so konsequent auf das Thema Marketing wie wohl nie zuvor ein Unternehmer. Seine gesamten Ersparnisse in Höhe von fünf Millionen Schilling (350.000 Euro) investierte er in die neue Firma – und fast alles floss in die Entwicklung eines Marketing-Konzeptes, das schließlich der entscheidende Grund für den weltweiten Siegeszug von Red Bull werden sollte.
Ursprünglich wollte Mateschitz seine Firma in Deutschland gründen, doch er verzweifelte zunehmend an der deutschen Bürokratie, die zu langsam und zu schwierig war und ihm eine rasche Genehmigung verweigerte. Nach einem Jahr entschloss er sich, die Firma in Österreich zu gründen. Übrigens sollte es fast zehn Jahre dauern, bis das Getränk auch in Deutschland zugelassen wurde.
In Österreich dagegen begann der Vertrieb am 1.April 1987. Der Start war nicht einfach. „Die Geschichte von Red Bull“, so heißt es in dem Buch „Die Red-Bull-Story“, „drohte übrigens anfangs eine ganz kurze zu werden. Der Verkauf wollte nämlich nicht so recht anspringen. In dieser Zeit ging es dem Unternehmen und seinem Gründer finanziell sehr schlecht.“
Mateschitz glaubte aber an seine Idee und sah sich darin bestätigt, dass im ersten Jahr bereits mehrere hunderttausend Dosen verkauft wurden. Im zweiten Jahr waren es schon 1,2 Millionen und 1989 kauften bereits 1,7 Millionen Menschen Red Bull-Getränke. Erst im dritten Jahr überstiegen jedoch die Einnahmen die Ausgaben und das Unternehmen begann, profitabel zu wirtschaften.
Mateschitz war der Meinung, dass nicht allein der Geschmack und die Qualität des Getränkes über Erfolg oder Misserfolg entscheiden würden, sondern vor allem die richtige Marketing- und Werbestrategie. Er hatte einen Freund damit beauftragt, eine ganz besonders Strategie zu entwerfen, doch kein Vorschlag war Mateschitz gut genug. 18 Monate lang verwarf er jedes neue Konzept. Insgesamt waren es etwa fünfzig verschiedene Vorschläge, die in den Papierkorb wanderten. Sein ehemaliger Studienkollege Johann Kastner, den er mit dem Entwurf beauftragt hatte, stand mehr als nur einmal davor, angesichts des scheinbar nicht zufrieden zu stellenden Perfektionismus von Mateschitz zu kapitulieren.
Manchmal kommen gute Ideen spontan, oft mitten in der Nacht. So war es auch bei Red Bull. Eines Nachts klingelte bei Mateschitz das Telefon, am Apparat war sein Freund Kastner. Endlich hatte er den richtigen Slogan gefunden: „Red Bull verleiht Flüüügel“ – das war die zündende Idee, der Claim, der das Getränk mit der richtigen Emotion auflud.
Bei dem Erfolg von Red Bull halfen unfreiwillig auch die Behörden. Die Behörden in Deutschland und in anderen Ländern hatten massive Bedenken wegen möglicher gesundheitlicher Nebenwirkungen des Getränkes, obwohl inzwischen durch zahlreiche Studien erwiesen ist, dass diese Bedenken unbegründet sind. Wegen der Bedenken der Beamten war Red Bull lange in vielen Ländern wie in Deutschland verboten und wurde geschmuggelt. Das „Verbotene“ machten das Getränk und die Marke für die jugendliche Zielgruppe allerdings erst Recht attraktiv.
In Österreich, dem Heimatland des Getränkes, setzte sich die sozialdemokratische SPÖ für ein Verbot des Getränkes ein. In Frankreich wurde es als Medikament eingestuft und auch in Skandinavien und Kanada hatte man mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Umfangreiche Warnhinweise auf den Dosen, wie sie in Kanada vorgeschrieben sind, schreckten die Konsumenten aber ebenso wenig davon ab, Red Bull zu kaufen wie die Warnungen auf Zigarettenpackungen.
Das Besondere an der Firma Red Bull ist, dass sie selbst das Getränk weder produziert noch vertreibt. Normalerweise ist der Kern einer Getränkefirma ja genau die Produktion und der Vertrieb, Marketing und Werbung sind unterstützende Maßnahmen. Doch Mateschitz ließ sich, ebenso wie andere erfolgreiche Unternehmer, nicht von dem beeindrucken, wie etwas „üblicherweise“ gemacht wird. Das Unternehmen hat weder eigene Produktionsstätten und Lagerhallen – all das sind Dinge, die seiner Meinung nach ausgelagert werden konnten. Der Kern von Red Bull ist Marketing. Es heißt, das Unternehmen investiere etwa einen Drittel des gesamten Umsatzes in die Pflege der Marke und in die Werbung.
Dies geschah von Anfang an auf sehr ungewöhnliche Weise. Gute Ideen sind oft sehr viel mehr Wert als ein großes Kapital. Red Bull ist dafür ein ausgezeichnetes Beispiel. Ein Großteil des Marketing-Budgets wurde für das Sponsoring ausgefallener Sportarten ausgegeben, die gut zum Image des Trend-Getränkes passten – insbesondere handelt es sich hier um Extremsportarten. „Diese Veranstaltungen locken zwar nicht allzu viele Zuschauer an, schließlich finden sie ja nicht gerade um die Ecke statt, sie stoßen aber aufgrund ihrer Extravaganz bei zahlreichen Medien auf Interesse und erreichen so eine größere Öffentlichkeit. Bekanntere und publikumswirksame Events sind etwa die Air Races – eine Art Formel 1 für Flugzeuge – oder der Dolomitenmann, einer der weltweit härtesten Outdoor-Staffelbewerbe für Bergläufer, Paragleiter, Kajak-Paddler und Mountainbiker.“
Mateschitz hatte die Idee, die Marke Red Bull gerade im Zusammenhang mit solchen ausgefallenen Sportarten zu positionieren. Er ließ die Wettbewerbe filmen und stellte den Medien das Filmmaterial zur Verfügung. Eine geniale Idee! „Die Sendezeiten, Zeitungs- und Magazinseiten, die Red Bull auf diese Art erhält, ließen sich auf ‚normalem’ Weg, sprich: durch das Buchen von Werbespots und Anzeigen, nicht einmal mit dem Marketing-Budget von einer Milliarde Euro kaufen.“
Statt auf sehr teures Sportsponsoring zu setzen, gab Mateschitz zunächst das Geld lieber für Langzeitpartnerschaften mit Extremsportlern aus – mit Gleitschirmfliegern, Freeclimbing-Sportlern, Snowboardern und Klippenspringern, mit Stuntmännern und Abenteuer-Sportlern. Das passte zum jungen und besonders dynamischen Image der Marke. Erst später investierte er auch in traditionellere Sportarten wie etwa Fußball und Formel 1, für die wesentlich höhere Investitionen notwendig sind. Und 2010 gelang es Red Bull dann sogar, mit Sebastian Vettel Formel 1-Weltmeister zu werden.