Bücher übers Reichwerden gibt es viele. Wenn ich ein Buch dazu in die Hand nehme, möchte ich zunächst wissen, ob der Autor denn selbst bewiesen hat, dass seine Ratschläge funktionieren. Bei Farrah Gray ist das der Fall. Der farbige Amerikaner wuchs als jüngstes von fünf Kindern einer alleinerziehenden Mutter im sozial schwachen Süden Chicagos auf. Mit 14 hatte er es jedoch schon geschafft und seine erste Million verdient. Die Zeitschrift Urban Influence Magazine kürte ihn kürzlich zu einem der einflussreichsten Farbigen Amerikas.
In seinem Buch will er sieben „Lügen“ übers reich werden aufdecken. Ich würde etwas sanfter von Irrtümern sprechen, denn es handelt sich wohl weniger um Unwahrheiten, die irgendjemand vorsätzlich verbreitet als einfach um weit verbreitete Irrtümer. Um welche Irrtümer geht es?
Irrtum 1: „Ich muss in die richtigen Kreise oder mit besonderen Fähigkeiten geboren werden, um reich zu werden.“ Diesem Irrtum setzt Gray entgegen: „Beim Erfolg geht es ums Gesetz der Wahrscheinlichkeit. Sie müssen die Zahl der Gelegenheiten erhöhen, bei denen Sie Leute kennenlernen können, Sie müssen ein Netzwerk aufbauen und Türen aufstoßen.“ (S. 50) Ob man nun auf der Partnersuche sei oder ein Unternehmen gründen wolle – niemand werde bei einem an der Tür klopfen. Der Schlüssel zum Erfolg liege in der Masse: „Wie viele Anläufe haben Sie unternommen? Wie viele Ablehnungen haben Sie kassiert, bevor die Zusage kam? Wie viele Male haben Sie noch mal angefangen und eine ganz neue Richtung eingeschlagen?“ (S. 50). Der Spruch, man müsse eben einfach „zur rechten Zeit am richtigen Ort sein“, täusche. Nein: „Sie müssen immer überall sein.“ (S. 53) „Betrachten Sie Ihr Leben stets unter dem Aspekt des Gesetzes der Wahrscheinlichkeit. Je mehr Sie auf die Leute zugehen, desto größer die Chance, dass Sie bekommen, was Sie wollen.“ (S. 58) Gray bringt viele Beispiele aus seinem Leben und dem anderer Menschen, die dies belegen. Ich selbst nenne es „das Gesetz der großen Zahl“.
Irrtum 2: „Wer reich werden will, muss hart arbeiten und bereit sein, Opfer zu bringen.“ Harte Arbeit sei jedoch nur solche Arbeit, die man selbst nicht so gerne tue – und damit könne man nicht reich werden. Es gehe nicht darum, einfach mehr zu arbeiten, sondern das zu tun, was den eigenen Fähigkeiten entspreche und wo man wirklich eine Chance habe, gut zu sein. Dazu, so Gray, solle man sich selbst drei Fragen beantworten: „Was fällt Ihnen leichter als anderen? Was würden Sie jederzeit trotzdem tun, auch wenn Sie kein Geld dafür bekämen? Wie können Sie sich nützlich machen und etwas für andere tun?“
Irrtum 3: „Ich muss in der Unterhaltungsbranche oder im Sport ganz groß herauskommen, um reich zu werden.“ Viele Menschen ließen sich von wenigen großen Stars blenden, die im Rampenlicht der Medien stünden. Tatsächlich gebe es unzählige Menschen, die man außerhalb ihres eigenen Bereiches gar nicht kenne und die wesentlich mehr verdienten und ein wesentlich größeres Vermögen aufgebaut hätten als diese wenigen Stars.
Irrtum 4: „Ich muss erst mal Geld haben, damit ich welches verdienen und reich werden kann.“ Diese Ausrede ist bei Menschen, die finanziell erfolglos bleiben, besonders beliebt. Wer überraschend zu sehr viel Geld kommt, verliert es jedoch häufig wieder, wie Gray anschaulich an zwei Beispielen zeigt: „Evelyn Adams hat in New Jersey nicht nur einmal, sondern sogar zweimal ganze 5,4 Millionen US-Dollar im Lotto gewonnen (1985, 1986). Heute ist das Geld weg und sie lebt in einem Wohnwagen. William ‚Bud’ Post, der in Pennsylvania einen Lottogewinn von 16,2 Millionen US-Dollar einsteckte, lebt inzwischen von Sozialhilfe.“ (S. 133). Umgekehrt gibt es sehr viel mehr Beispiele, von Menschen, die mit nur ganz wenigen Dollar begonnen haben, teilweise sogar mit Kreditkartenschulden die ersten Schritte ihrer Selbständigkeit finanziert haben, und damit reich geworden sind.
Irrtum 5: „Ich darf keine Schulden haben, wenn ich reich werden will.“ Gray schreibt, vielmehr sei das Gegenteil richtig: „Sie müssen Schulden machen, um reich zu werden. Sie müssen Fremdkapital nutzen, um Vermögen aufzubauen.“ (S. 167). Es gehe eben nur darum, schlechte Schulden (also Konsumschulden) von guten Schulden, also solchen, mit denen man z. B. eine vermietete Immobilie oder eine Firma finanziere, zu unterscheiden.
Irrtum 6: „Ich muss supergescheit sein und etwas Weltbewegendes erfinden, um reich zu werden.“ Geschichten wie die von Bill Gates, Steve Job, Sergej Brin und Larry Page seien zwar einerseits spannend, aber könnten die Menschen auch in die Irre führen. Niemand müsse so hoch hinaus wie Microsoft oder Google. Vielmehr gebe es heute unzählige Gelegenheiten, in bestimmten Nischen ein Vermögen aufzubauen. Gray erzählt anschaulich einige interessante Geschichten, so etwa die von Tina Wells. Mit 26 Jahren sei sie jetzt Chefin der Buzz Marketing Group in New York, die seit elf Jahren für andere Unternehmen Marktforschung bei der jüngeren Generation treibe. „Begonnen hat sie mit 16, als sie für die Teeniezeitschrift New Girls Times erste Berichte über Produkte von Unternehmen verfasste, die auf junge Konsumenten abgestellt waren. Tina nutzte ihre Begeisterung für Mode und die Pop Kultur und erkannte eine Kluft zwischen den Wünschen der Teenager und den irregeleiteten Produkten und Dienstleistungen vieler Unternehmen. Als sie damit anfing, Berichte und Vorschläge direkt an die betroffenen Unternehmen zu schicken, war die Reaktion überwältigend positiv.“ (S. 210) Heute setzt die Firma 3,3 Mio. USD im Jahr um und zählt renommierte Unternehmen wie etwa Nike oder Sony zu ihren Kunden.
Irrtum 7: „Ich muss Börsenprofi sein oder will an der Wall Street arbeiten, um reich zu werden.“ Gray setzt dem entgegen, Investmenterträge kämen eben nicht „direkt von der Wall Street“, sondern sie basierten „auf Ihrem Wissen und Ihren Vorlieben“.
Worauf es wirklich ankomme, seien Selbstvertrauen und Problemlösungskapazität. Gray zitiert eine interessante Untersuchung bei 500 führenden CEOs in den USA. Diese verfügten über mehr Selbstvertrauen als 90 Prozent der breiten Bevölkerung. Auch bei der Fähigkeit zur Problemlösung und zur Generierung von Ideen schnitten sie besser ab als 92 Prozent der Bevölkerung.