Wer erfolgreich ist, neigt oftmals dazu, eigene Verhaltensweisen nicht mehr kritisch in Frage zu stellen, weil die nachweisbaren Erfolge einen scheinbar bestätigen.
„Warum soll ich etwas ändern, wenn es bisher so gut funktioniert hat?“, fragen sich viele erfolgreiche Menschen (Seite 21). Viele Selbsttäuschungen seien, so die These des Autors, „ein direktes Resultat des Erfolgs, nicht des Misserfolgs. Der Grund liegt darin, dass wir durch unsere vergangenen Erfolge positiv bestärkt werden. Und mit einem Gedankensprung, der leicht nachzuvollziehen ist, glauben wir, dass unsere Fortune in der Vergangenheit auch Großes in der Zukunft voraussagt.“ (Seite 35).
„Die Herausforderung besteht darin, Ihnen die Erkenntnis zu ermöglichen, dass sie nicht immer wegen, sondern manchmal trotz ihres Verhaltens reüssieren.“ (Seite 43). Manche positive Eigenschaften, die eine Voraussetzung großer Erfolge sind, können in anderen Situationen kontraproduktiv sein. Viele erfolgreiche Menschen seien „dermaßen auf ihre Ziele und Überzeugungen festgelegt, dass sie die Realität durch eine rosa Brille wahrnehmen. In vielen Situationen ist das nur vorteilhaft. Ihre persönliche Haltung ermutigt sie, ‚den Kurs zu halten’ und nicht aufzugeben, wenn das Schiff in raue See gerät. Aber natürlich kann sich diese Beharrlichkeit auch zum Nachteil der Erfolgreichen auswirken, nämlich dann, wenn es besser wäre, den Kurs zu ändern.“ (Seite 48).
Der Autor, der in den USA als Coach für CEOs arbeitet, hat insgesamt 20 Verhaltensweisen bei Führungskräften identifiziert, die oftmals zum Problem werden können. Jede dieser Verhaltensweisen wird in dem Buch ausführlich dargestellt und durch Fallbeispiele veranschaulicht. Einige Beispiele für Verhaltensweisen, die negative Auswirkungen haben können:
– „immer gewinnen wollen“
– „destruktive Kommentare abgeben“
– „vor Wut ausrasten“
– „angemessene Anerkennung verweigern“
– „Bedauern nicht ausdrücken können“
– „nicht zuhören können“
– „übertriebene Selbstbezogenheit“
Dies sind Verhaltensweisen, die nach der Beobachtung von Goldsmith typisch für viele sehr erfolgreiche Manager sind.
Seine zentrale These: „Ich behaupte…, dass das zwischenmenschliche Verhalten den entscheidenden Unterschied bewirkt zwischen dem Großen und dem Fast-Großen, also ob man die Goldmedaille schafft oder sich mit der bronzenen zufriedengibt. Ich möchte es immer wieder betonen: Je höher Sie aufsteigen, desto mehr sind Ihre ‚Probleme’ verhaltensbedingt.“ (Seite 201).
Der Autor arbeitet in seinem Coaching mit dem sogenannten 360 Grad-Feedback, bei dem die wichtigsten Mitarbeiter erklären, wie sie eine Führungskraft bzw. deren Verhaltensweisen sehen. Da sich viele Führungspersönlichkeiten selbst nicht realistisch wahrnähmen, sei dies ein erster entscheidender Schritt, um eine Selbstverbesserung einzuleiten.
Auch derjenige, der ein solches Verfahren bzw. eine solche Beratung nicht durchführen lassen möchte, kann jedoch von dem Buch profitieren. Schon die in dem Buchtitel formulierte Erkenntnis, dass das, was einen an die Stelle gebracht hat, an der man heute steht, einen nicht unbedingt auch an jene Stelle bringen wird, die man anstrebt, ist von großer praktischer Bedeutung. Und sicherlich kennt jeder erfolgreiche Mensch die Angst, bestimmte Verhaltensweisen zu ändern, weil man ja annimmt, es seien gerade diese Verhaltensweisen, die sich bislang in der Praxis so sehr bewährt haben.
Beim Lesen des Buches fiel mir das Beispiel von Warren Buffett ein, das dessen ehemalige Schwiegertochter in ihrem soeben erschienenen Buch „Die Macht der Ehrlichkeit“ berichtet: Buffett hat systematisch an seinen Verhaltensweisen gearbeitet und ein anspruchsvolles Selbstverbesserungsprogramm absolviert. Ähnliches ist mir von anderen sehr erfolgreichen Politikern oder Unternehmern bekannt. Diese hatten verstanden, dass das, was sie heute sind, das Ergebnis ihrer bisherigen Einstellungen und Verhaltensweisen ist, dass aber noch größere Ziele nur erreichbar sind, wenn das bisherige Repertoire überprüft und korrigiert wird. Dazu leistet das Buch von Goldsmith einen nützlichen Beitrag.