Steve Jobs ist einer der erfolgreichsten Unternehmer und sicherlich der genialste Marketing-Experte unserer Zeit. Was können wir von seinem Erfolg lernen? Mich hat dieses Buch besonders interessiert, weil Steve Jobs auch in meinem eigenen Buch „Setze dir größere Ziele!“ eine wichtige Rolle spielt. Leider habe ich dieses Buch erst gelesen, nachdem mein eigenes bereits abgeschlossen war, denn sonst hätte ich ein Zitat von Michelangelo aufgenommen, das der Autor anführt: „Die größte Gefahr besteht für die meisten von uns nicht etwa darin, ein Ziel zu hoch anzusetzen und zu scheitern, sondern es zu niedrig anzusetzen und es zu erreichen.“ Michelangelo, so der Autor dieses Buches, war so wie Steve Jobs in der Lage, Dinge zu sehen, die anderen entgehen. „Michelangelo betrachtete einen Marmorblock und sah die Skulptur des David vor sich, Steve Jobs betrachtete einen Computer und sah darin ein Werkzeug, mit dem sich das menschliche Potenzial freisetzen ließ.“ (S. 35)
Zwei der wichtigsten Erfolgsprinzipien von Steve Jobs sind die radikale Fokussierung und die radikale Einfachheit. Wichtig sei es, so Jobs, „nein zu tausend Dingen zu sagen, um nicht vom Kurs abzuweichen und überall mitmischen zu wollen. Wir denken ständig über neue Märkte nach, die wir erschließen könnten, aber nur wenn man weiß, wann man Nein sagen muss, kann man sich auf die wichtigen Dinge konzentrieren.“ (S. 193f.)
So wie Warren Buffet äußerst skeptisch mit Blick auf die vermeintlichen Vorteile einer breiten Diversifikation bei der Geldanlage ist, so ist Steve Jobs ebenso skeptisch mit Blick auf die Diversifikation bei den Produkten eines Unternehmens. Die verbreitete These, man solle das Risiko durch Diversifizierung der Produktpalette mindern, lehnt Jobs ab. „Apple repräsentiert den Gegenpol zu dieser akademischen Lehrmeinung. Die Strategie des Unternehmens besteht darin, mit der geballten Kraft seiner Ressourcen eine kleine Anzahl handverlesener Produkte zu unterstützen und dabei auf Spitzenqualität zu setzen.“ (S. 209) John Scully, früher CEO von Apple, sagte einmal: „Was Steve Jobs’ Methoden von allen anderen unterscheidet, ist die Überzeugung, dass die wichtigsten Entscheidungen nicht das betreffen, was man tut, sondern das, was man lässt.“ (S. 218)
Jobs selbst äußerte einmal in einem Interview mit Fortune Magazin: „Wir neigen dazu, uns wesentlich stärker zu fokussieren. Viele meinen, fokussieren bedeutet, Ja zu sagen zu den Dingen, auf die man sich konzentriert. Doch dem ist nicht so. Es bedeutet, Nein zu sagen zu hundert anderen guten Ideen, die es gibt. Ich bin genauso stolz auf die Dinge, die wir nicht gemacht haben, wie auf die Dinge, die wir gemacht haben.“ (S. 210) Jobs war dabei so radikal, dass er 1998 die Produkte im Apple-Sortiment von 350 auf zehn reduzierte.
Die Fokussierung sowie die Einfachheit waren auch die Leitschnur für das Design seiner Produkte. So verzichtete er auf ein Keyboard auf der Frontseite des Smartphones und ersetzte die Tasten bei dem iPhone durch einen überdimensionalen Bildschirm. „Apple feilte an jeder Einzelheit in seinem unablässigen Bemühen, Komplexität zu verringern oder ganz auszuklammern. Man beschränkt sich nur auf das, was absolut notwendig ist.“ (S. 196) Als das iPad in den Handel kam, war es das einzige Produkt, das auf der Homepage vorgestellt wurde. Das Foto nahm drei Viertel des Bildschirms ein, die Überschrift lautete: „Das iPad ist da.“ So verfuhr das Unternehmen auch bei der Einführung anderer Produkte – eingeführte Produkte wurden von der Homepage entfernt, um Platz, für das eine, neue Produkt zu machen (S. 207).
Einfachheit ist der Schlüssel zum Erfolg. Die Entwickler bei Apple hassen Bedienungsanleitungen. Das Ziel war es, dass die Kunden das Produkt auf Anhieb verstehen und ohne Hilfe eines Handbuches in der Lage sein sollten, es binnen 30 Sekunden (!) zu benutzen (S. 214).
Einfachheit und Fokussierung seien, so der Autor, auch gute Prinzipien für das eigene Leben. Man solle sich nicht so sehr neue Dinge vornehmen, sondern immer wieder Dinge in Frage stellen, die man gegenwärtig tut. „Fassen Sie für das neue Jahr – oder gleich zu welchem Zeitpunkt – den festen Vorsatz, eine ‚Schluss damit’-Liste zu schreiben. Beschneiden Sie die Zeit für Projekte und Aufgaben, die nicht zur Realisierung ihrer wichtigsten Ziele und zur Erfüllung ihrer wahren Berufung oder großen Leidenschaft beitragen.“ (S. 234)
Ein weiterer Erfolgsfaktor für Apple bzw. Steve Jobs habe darin gelegen, die eigene Tätigkeit zu überhöhen und ihr einen übergeordneten Sinn zu verleihen. „Steve Jobs ging es 1983 nicht darum, einen Computer zu verkaufen, sondern Freiheit und den Kampf gegen ein Universum zu propagieren, das von IBM kontrolliert wurde.“ (S. 98) Er inspirierte seine Mitarbeiter und seine Fangemeinde, weil er „ein Bild von Apple als letzte Bastion der Freiheit zeichnete, das sich dem Vormachtstreben von IBM entgegenstemmte“ (S. 100). Schließlich gelang es Jobs sehr viel besser als seinen Wettbewerbern, sich in seine Kunden hineinzuversetzen und deren Bedürfnisse wirklich zu verstehen. Daher verzichtete er, anders als andere Unternehmen, vor der Einführung eines Produktes auf sogenannte Fokusgruppen, die es testen sollten. Der Autor rät denn auch: „Sie brauchen keine Fokusgruppe: Entscheiden Sie selbst, ob eine Idee eine Marktchance hat. Kein Außenstehender wird Ihnen grünes Licht für eine Innovation geben, mit der Sie die Welt auf den Kopf stellen.“ (S. 187)
Dieses Buch enthält eine Fülle von Anregungen und vor allem eine Menge Stoff zum Nachdenken. Es verbindet die Erfolgsprinzipien von Steve Jobs, die hier klarer herausgearbeitet werden als in jedem Buch, das ich bislang gelesen habe, mit den Herausforderungen, vor die jeder Unternehmer und jeder Manager gestellt ist.