Nach seiner Wahl im Jahr 2008 erschien Barack Obama vielen als politischer Messias – und in Deutschland hat er sein unumschränkt positives Image auch behalten. Ganz anders ist es in den Vereinigten Staaten, wo er nicht nur von Anhängern der Republikaner, sondern auch von vielen ehemaligen eigenen Anhängern sehr kritisch gesehen wird. Edward Klein hat ein in den USA viel beachtetes, sehr kritisches Buch über Obama geschrieben, das Spitzentitel in der Bestsellerliste der New York Times war. Klein selbst war Auslandskorrespondenz von Newsweek und Chefredakteur des New York Times Magazine.
Obama, so eine seiner Thesen, leide an Größenwahn, der ihn daran hindere, in das Amt des US-Präsidenten hineinzuwachsen. An diesem Größenwahn leide er jedoch nicht erst seit einigen Jahren. Zustimmend zitiert der Autor einen alten Bekannten von Obama aus dessen Zeiten in Chicago: „He is afflicted with megalomania. How else can you explain the chutzpah of an obscure community organizer who began writing his autobiography before he was thirty years old – and before he had any accomplishments to write about? And how can you explain the chutzpah of a first-time United States senator, who believed he was qualified for the most difficult job in the world – the presidency – even enough he had never held a real job in his life?” (S. 3) Obama habe einen „meassianic complex – meaning that he believed he was destined to become America’s savior”. (S. 62)
Der Autor gibt zu, dass auch andere ehemalige US-Präsidenten „amateurs” waren, als sie in das Weiße Haus einzogen – so etwa John F. Kennedy. (S. 81) Die anderen US-Präsidenten seien jedoch sehr rasch in das Amt hineingewachsen. Die Anhänger Obamas argumentierten, auch dieser sei inzwischen in das Amt des Präsidenten hineingewachsen – und werde deshalb viele Fehler, die er in seiner ersten Amtszeit machte, nicht mehr wiederholen (S. 230). Der Autor vertritt die These, dass dies nicht so sei, weil Obama zwar ein exzellenter Wahlkämpfer sei, aber ihm zahlreiche wichtige Eigenschaften für eine Präsidentschaft fehlten. Zudem habe er ungeeignete Berater ausgewählt, wie Klein anhand einiger Beispiele überzeugend belegt (S. 86, 94, 99 u. a.). Der Einfluss seiner Ehefrau Michelle werde systematisch unterschätzt. Sie spiele eine sogar noch wichtigere Rolle als seinerzeit Clintons Ehefrau Hillary – nur, dass die Clintons offen damit umgegangen seien, die Obamas dagegen nicht. (S. 105 ff.)
Eine der zentralen Thesen des Buches ist, dass Obama den Kontakt zu seinen ehemaligen Förderern und Unterstützern nach der Wahl nicht nur nicht systematisch gepflegt, sondern diese immer wieder vor den Kopf gestoßen habe. Eines von vielen Beispielen ist die in den USA sehr bekannte und einflussreiche TV-Moderatorin Oprah Winfrey, die im Wahlkampf 2008 zu den wichtigsten Unterstützerinnen Obamas gehörte. Dafür habe sie sogar in Kauf genommen, dass die Zustimmungsquoten unter ihren Zuschauern und die Werbeeinnahmen für ihre Sendung deutlich zurückgingen. Schon kurz nach der Wahl sei sie jedoch von Obama bzw. dessen Umfeld arrogant behandelt worden (S. 137 ff.), wie der Autor anschaulich anhand zahlreicher Episoden zeigt. Dies gelte nicht nur für Winfrey, sondern für zahlreiche Gruppen und Persönlichkeiten, die ihn 2008 unterstützten. „For many of them, disillusionment has replaced the old fire in their belly. Three and a half years of aloofness, non-communication, and dithering amateurism by the president left his old shock troops in a state of shock.” (S. 145) Obamas Wahlkampfmannschaft versuche derzeit, diese Gruppen wieder für die anstehende Präsidentschaftswahl zu mobilisieren, doch sei es fraglich, ob dies gelingen werde. „President Barack Obama’s Chicago-based reelection campaign has a hometown problem“, zitiert Klein amerikanische Journalisten, „the donors and volunteers who have lost interest after launching his run for the White House four years ago.” (S. 160)
Zudem habe er das Vertrauen bei breiten Bevölkerungskreisen teilweise verloren, die ihn 2008 besonders begeistert unterstützt hätten. Groß sei die Enttäuschung etwa bei den jüdischen Wählern (S. 155 ff.), und zwar aus zwei Gründen: erstens wegen der Israel-Politik Obamas und zweitens wegen dessen ausgeprägter Abneigung gegen die Wirtschaft, insbesondere gegen Wall-Street-Geschäftsleute. Erstaunlich sei vor allem, dass er auch die Afro-Amerikaner massiv enttäuscht habe. (S. 183 ff)
Es sei dennoch nicht auszuschließen, dass Obama wiedergewählt werde. Er werde dann in die Geschichtsbücher als „transformative president“ eingehen, „who turned America into a European-style democratic-socialist welfare state“ (S. 4). Obama sei aber sicherlich nicht gewählt worden, um die USA zu verwandeln „into a European-style quasi-socialist country in which the state controls economics and social matters“ (S. 61). Obama selbst glaube jedoch, „that he was chosen as president to save a wayward America from its dependency on free-market capitalism. This has led him to push clumsy and unpopular far-left policies – universal healthcare, Wall Street bailouts, cap and trade, green jobs and renewable energy – at the expose of rational policies aimed at putting America back to work.” (S. 83)
Große Unterstützung genieße der Präsident jedoch vor allem bei den Medien – nach wie vor. Klein zitiert aus einem anderen Buch, das die Beziehung zwischen Obama und den Medien thematisiert: „Mainstream journalists always root for the Democrat, but this time was different. This time journalists were not satisfied merely being partisan witnesses to history. This time they wanted to be real players and determine the outcome. This time they were on a mission – a noble, historic mission, as far as they were concerned. In fact, I could not remember a time when so many supposedly objective reporters had acted so blatantly as full-fledged advocates for one side – and without even a hint of embarrassment.” (S.49)
Klein zitiert eine ganze Reihe peinlicher Äußerungen namhafter Journalisten, so etwa von Chris Matthews von MSNBC: „I’ve been following politics since about 5. I’ve never seen anything like this. This is bigger than Kennedy. Obama comes along, and seems to have the answers. This is the New Testament.” (S. 63) Oder der Newsweek-Redakteur Evan Thomas: “In a way Obama is standing above the country, above the world. He’s sort of God. He’s going to bring all the different sides together.” (S. 63) Oder der Filmregisseur Spike Lee: “You’ll have to measure time by ‘Before Obama’ and ‘After Obama’ … Everything’s going to be affected by this seismic change of the universe.” (S. 63). R.Z.