Warum ist die Piratenpartei so erfolgreich? Diese Frage wurde in den vergangenen Monaten immer wieder öffentlich diskutiert. Von einer Protestpartei war die Rede, von einem neuen Respekt für die Wähler, von einer Verneinung der reinen „Sprechblasenpolitik“. Die Piraten scheinen eine andere Sprache zu sprechen – und zwar eine, die ankommt. Aber wie sieht sie eigentlich genau aus, diese Sprache der Piraten? Oliver Wenzlaff hat sie genauer untersucht. In seinem Buch „Piratenkommunikation: Was die Eliten in Politik und Wirtschaft von den Piraten lernen können“ kommt er ihrem Geheimnis auf die Spur. Er interviewt Piraten, aber auch Vertreter anderer Parteien, spricht mit Kommunikationswissenschaftlern und mit dem Präsidenten des Verbands deutscher Redenschreiber, Vazrik Bazil.
Herausgekommen ist dabei vor allem eines: So anders ist die Sprache der Piraten an vielen Stellen gar nicht. Aber die Piraten haben, heißt es gleich im Vorwort des Buches, mit ihrem Auftritt auf der Bühne der Politik auch neue Spielregeln formuliert: „Statt in Floskeln reden sie (vermeintlich) Klartext.“ Die Piraten verschweigen nicht, dass sie von vielen Dingen bis jetzt noch keine Ahnung haben, und brechen so laut Oliver Wenzlaff mit einer ungeschriebenen Regel, der zufolge Unsicherheiten immer und überall kaschiert werden sollten. Doch erst das Eingeständnis eben jener Unsicherheiten, so die These im Buch weiter, schafft die Grundlage einer aufrichtigen und damit auch glaubwürdigen Kommunikation. Niemand kann – und niemand muss – auf alles immer sofort eine Antwort parat haben. Weder in der Politik noch in der Wirtschaft.
Außerdem, schreibt Oliver Wenzlaff, scheinen die Piraten „die ’natürliche‘ Sprache ihrer Zielgruppe zu sprechen. Das ist in der Wirtschaft keineswegs immer der Fall.“ Er empfiehlt Unternehmen daher, sich nicht nur zu fragen, wer ihre Zielgruppe ist, sondern auch, ihr genau zuhören, damit statt „Einheitsbrei“ gezielt bestimmte Werte der Adressaten angesprochen werden können. Und das am besten auf verständliche Art und Weise. Im Buch kommt auch der Kommunikationswissenschaftler Frank Brettschneider zu Wort, der über 250 Reden auf ihre Verständlichkeit hin untersucht hat. Ergebnis: Auch in diesem Punkt kann die Wirtschaft nach Wenzlaffs Ansicht von der Sprache der Piraten lernen, denn selbst die schlechteste untersuchte Piraten-Rede ist ungefähr genauso verständlich wie die Mehrzahl der Dax-30-Reden.
Dies ist nur eine von vielen überraschenden Entdeckungen, die in diesem Buch zu machen sind. Mit ganz unterschiedlichen, immer sehr plastischen Beispielen zeigt Oliver Wenzlaff unsere allgegenwärtigen, festgefahrenen Sprachgewohnheiten auf und gibt Impulse, neue Wege zu gehen. Dabei folgt er selbst den Grundsätzen, die er bei den Piraten entdeckt: Sein Buch ist ein ehrlicher, authentischer und sehr verständlicher Ratgeber, einer, der hält, was er verspricht, und der in jede Unternehmertasche gehört.
S.I.
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