Bevor ich Ihnen sage, was in diesem Buch steht, möchte ich Ihnen etwas beichten: Ich, der Rezensent, habe noch niemals im Leben Müll getrennt. Ich bekenne, dass ich mir nicht einmal die Mühe gemacht habe, zu lesen oder herauszufinden, in welche Tonne was kommt. Ich esse zwar kein Fleisch, aber nur deshalb, weil mir die Tiere leid tun und nicht etwa, weil ich damit etwas für den Klimaschutz tun will. Als ich neulich in die USA geflogen bin, habe ich mich während des Fluges auf meinen Urlaub gefreut, statt Gewissensbisse wegen der Vergrößerung des Ozonlochs zu haben. Beim Duschen habe ich noch nie kürzer getreten, um Wasser zu sparen und ich wäre jederzeit bereit, eine gen-manipulierte Tomate zu essen. Beim Einkaufen verwende ich gerne Plastiktüten und keine Jute-Beutel. Und mein Haus habe ich bis heute nicht wärmegedämmt, weshalb ich mir über Schimmelbildung auch keine Sorgen machen muss. Ich habe weder eine grüne Fahne auf unserem Dach gehisst noch eine Solaranlage installieren lassen. Und wenn ich einmal aus der Dose trinke, plagt mich dabei auch kein schlechtes Gewissen… Soweit die Bekenntnisse eines unbelehrbaren Öko-Ignoranten. Hätte mich bisher ein schlechtes Gewissen wegen meinem ökologisch und politisch völlig unkorrekten Verhalten geplagt – die Lektüre dieses Buches hätte mir sicher geholfen.
Die These des Autors, Redakteur beim SPIEGEL: Umweltschutz ist gut und eine wichtige Sache. Aber fast alles, was wir in Deutschland tun, um die Welt vor der Öko-Apokalypse zu bewahren, ist entweder sinnlos oder bewirkt das Gegenteil des Gewollten.
Im Einzelnen:
Mülltrennung: Besser wäre es, so sagen Experten, ganz darauf zu verzichten oder allenfalls zwei statt fünf oder sechs Tonnen zu verwenden. Viel von dem, was wir trennen, wird später wieder in einen Topf geworfen und verbrannt. Der Autor begründet die Unsinnigkeit der Mülltrennung mit guten Argumenten und zahlreichen Fakten. Im Kindergarten wird heute dennoch schon Mülltrennung von ökologisch korrekten Erzieherinnen eingeübt: „In die graue Tonne fein, wirf kaputte Sachen rein.“
Wasser: Auf der Kinderseite des Bundesumweltministeriums werden schon die Kleinen belehrt: „Duschen ist ökologisch besser als baden. Dreh den Hahn zu, wenn Du dich einseifst. Lass nie Wasser laufen, wenn Du es nicht brauchst. Vielleicht kannst du ja auch etwas kürzer duschen.“ Das Wassersparen bringt jedoch, so der Autor, nicht nur nichts, sondern ist kontraproduktiv. Vielerorts stinkt es, und der Fäulnisgeruch kommt daher, dass wegen des geringen Verbrauchs zu wenig Wasser durch die Rohre rauscht und die Kanalisation häufiger verstopft wird. Fäkalien, Urin und Speisereste fließen nicht mehr ab. Und in Berlin ist der Grundwasserspiegel in den letzten 20 Jahren wegen des schwachen Wasserverbrauchs bereits um ein bis drei Meter gestiegen, mit teilweise dramatischen Folgen für die Häuser.
Licht: Jeder weiß es: Nach der EU-Verordnung ist die alte Glühbirne verboten, dafür sind jetzt quecksilberhaltige Ökosparlampen Pflicht. Diese sind jedoch hoch gefährlich, wenn sie kaputt gehen und müssen aufwendig in speziellen Anlagen sorgfältig zersägt werden, das Quecksilber wird abgesaugt und als giftiger Sondermüll für alle Ewigkeit endgelagert.
Dämmen: Im Deutschen Ärzteblatt kann man nachlesen, dass die hermetische Abdichtung des Wohnbereichs zu einer deutlichen Zunahme des Schimmelpilzbefalls in den Wohnungen geführt hat. Asthma, Lungenentzündungen und andere gefährliche Krankheiten können die Folge sein. In einigen US-Bundesstaaten ist es wegen dieser gesundheitlichen Risiken bereits verboten, sein Haus mit Dämmplatten zu bekleben.
Luft: Überall in Deutschland wurden sogenannte Umweltzonen eingeführt, um den als neue Gefahr erkannten „Feinstaub“ zu besiegen. Die Einführung dieser Zonen hat etwa 12 Mrd. Euro gekostet. Die Wirkung war gleich Null. Die Feinstaubbelastung ist sogar gestiegen.
Biosprit: Wissenschaftlich eindeutig belegt ist heute, dass die Umweltbilanz von Kraftstoff aus nachwachsenden Rohstoffen nicht positiv, sondern negativ ist. Dennoch schreibt die Politik mit E10 einen Kraftstoff vor, der teurer für den Verbraucher, schlechter für das Auto und schädlicher für die Umwelt ist als herkömmliches Benzin. Zudem: „Müssen Menschen anderswo hungern, damit wir in Europa Biosprit fahren können?“, fragt der Weihbischof von Speyer.
Jute statt Plastik: Plastiktaschen, so das Urteil einer wissenschaftlichen Studie, sind für die Umwelt ökologischer als Stofftaschen. Die bei ökologisch bewussten Menschen verhasste Plastiktüte ist für den Ausstoß von 120 Gramm CO2 verantwortlich, ein Baumwollbeutel dagegen für 1700 Gramm.
Solaranlagen: 55 Prozent aller staatlichen Subventionen gehen an die Solarenergie, obwohl diese nur 20 Prozent der erneuerbaren Energie liefert und die mit Abstand ineffizienteste Form der Energiegewinnung ist. Obwohl Deutschland nicht gerade als Sonnenland bekannt ist, steht die Hälfte der Solaranlagen der Welt hier. Der Steuerzahler zahlt mit Milliarden-Subventionen eine verfehlte Förderung. Was kostet es, eine Tonne CO2 einzusparen? Erdgas 34 Euro, Windenergie 91 Euro, Photovoltaik 611 Euro.
Der Autor führt viele Zahlen, Studien und Argumente an, hat aber selbst Zweifel, wie überzeugend solche rationalen Argumente sind. Der Ökologismus ist eher eine Glaubensrichtung, sozusagen eine neue Religion, der man mit rationalen Argumenten nur schwer begegnen kann. „Weil Umweltpolitiker prinzipiell auf der Seite des Guten sind, stehen ihre Gegner zwangsläufig auf der des Bösen. Auf ihnen lastet der Verdacht, es mit dem Umweltschutz nicht so ernst zu nehmen, mögen sie auch das Gegenteil behaupten. Was haben sie bloß dagegen, dass der Umwelt geholfen wird? Denken sie denn nicht an morgen, an die Bewahrung der Schöpfung, an die Zukunft unserer Kinder? … Die Moral spielt in umweltpolitischen Debatten eine so herausragende Rolle, weil Umweltprobleme große Gefühle auslösen. Der Anblick eines niedergebrannten Regenwaldgebietes löst bei uns Trauer aus. Jedes sechsjährige Kind empfindet Mitleid, wenn es einen ölverschmierten Wasservogel sieht. Das Foto eines Eisbären, der auf seiner bereits angetauten kleinen Scholle einsam und hungrig durchs Polarmeer treibt, rührt jeden an, der noch über ein Mindestmaß an Empathie verfügt… Nur kleinkarierte Unmenschen wollen darüber diskutieren, wie das Rührstück vom Eisbärensterben eigentlich mit der Tatsache zusammenpasst, dass in der Arktis heute etwa 25.000 Eisbären leben, fünfmal mehr als vor 60 Jahren.“ (S. 93-95)
Wer Fakten und wissenschaftliche Studien anführt, die vielleicht sogar Zweifel an der These vom Klimawandel erlauben könnten, gilt als unbelehrbarer „Klimaleugner“, und wer sich den Ritualen der Mülltrennung und ähnlichem entzieht, gilt als Klimaignorant. Der Autor gehört auch zu denjenigen, die eher an die These vom durch Menschen verursachten Klimawandel glauben, obwohl er freimütig einräumt, dass ihm angesichts der gegen diese These vorgebrachten Argumente zuweilen Zweifel kommen.
Er erinnert daran, wie ganz Deutschland in den achtziger Jahren Kopf stand, weil das Waldsterben weltweit drohe, besonders hierzulande. Der SPIEGEL schrieb damals über ein „ökologisches Hiroshima“. Heute redet niemand mehr vom Waldsterben, und in Deutschland gibt es mehr Wald denn je.
Das Buch des SPIEGEL-Redakteurs ist erschreckend. Teilweise hat der Ökowahn bereits totalitäre Züge. So berichtet der Autor, dass die GRÜNEN im Berliner Bezirk Kreuzberg-Friedrichshain kürzlich ein Konzept vorstellten, wonach Kinder im Alter von neun bis 13 Jahren zu „Kiez-Klimadetektiven“ ausgebildet werden sollten, eine Art Öko-Stasi, die Umweltfrevler an die Behörden verpfeift. Die Kinder haben den Auftrag, Schulen oder Jugendeinrichtungen im Hinblick auf ihre Energieeffizienz zu überprüfen. „Die Ergebnisse der Untersuchungen sollen möglichst direkt an die zuständigen Stellen der Verwaltung weitergeleitet werden“, heißt es im GRÜNEN-Konzept. Auf Mama und Papa sollen die jugendlichen Klimadetektive ebenfalls ein wachsames Auge haben. „Eine Weitervermittlung des Energiesparens im Haushalt der Eltern ist zu erwarten und wünschenswert“, so das Papier der GRÜNEN. (S. 132) R.Z.