empfohlene-wirtschaftsbücher: Herr Dr. Zitelmann, was war für Sie eigentlich der ausschlaggebende Punkt, sich mit dem Thema auseinander zu setzen?
Zitelmann: Ich kenne persönlich eine Reihe von sehr erfolgreichen Persönlichkeiten, einige davon sind sogar Milliardäre, andere sind bekannte Wissenschaftler. Ich habe mir immer wieder die Frage gestellt, warum einige Menschen sehr viel erfolgreicher sind als andere. Ich habe nach Antworten gesucht – in Gesprächen mit diesen Menschen und vor allem durch die systematische Analyse von Biografien über Persönlichkeiten, die im Geschäftsleben, aber auch in anderen Bereichen – so etwa im Sport – überdurchschnittlich erfolgreich waren. Die Antworten, die ich gefunden habe, habe ich in dem Buch zusammengefasst und – hoffentlich – ebenso analytisch wie unterhaltsam dargestellt.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Geht es nicht auch ohne Ziele? Warum sollen wir uns überhaupt die Mühe machen, uns Ziele zu setzen?
Zitelmann: Ziele sind kein Selbstzweck. Sie geben Orientierung. Das Nachdenken über Ziele hilft uns, darüber Klarheit zu gewinnen, in welche Richtung wir gehen wollen. Erst nachdem ich mit meinem Buch fertig war, habe ich ein Zitat von Michelangelo gefunden, das das ausdrückt, worum es mir in dem Buch geht: „Die größte Gefahr besteht für die meisten von uns nicht etwa darin, ein Ziel zu hoch anzusetzen und zu scheitern, sondern es zu niedrig anzusetzen und es zu erreichen.“ In dem Buch geht es nicht einfach nur um Ziele, sondern darum, das Zutrauen zu gewinnen, sich sehr viel größere Ziele zu setzen, als es die meisten Menschen üblicherweise tun.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Sie haben ja bereits Karriere als Historiker, Journalist und Unternehmer gemacht und haben in den vergangenen Jahren eine Menge bewegt. Sich größere Ziele zu setzen scheint Ihnen dabei mühelos zu gelingen. Was ist Ihr „Erfolgsgeheimnis“?
Zitelmann: Ich bin sehr neugierig und lerne gerne dazu. Erfolg heißt für mich, dass man sich Dinge vornimmt und diese erreicht. Niemand hat immer Erfolg. Und mühelos ist das keineswegs. Ich habe auch immer wieder Rückschläge und Niederlagen erlitten, aber ich finde es schlimmer, man setzt sich gar keine Ziele, nur aus der Angst heraus, man könne ein Ziel verfehlen.
In meinem Buch versuche ich auch, einige wichtige Erfahrungen, die ich selbst sammeln konnte, mit einzubringen. Das ist vielleicht einer der Unterschiede zu vielen anderen Büchern über Erfolg, bei denen ich mich als Leser manchmal frage, ob der Autor denn das, was er da alles schreibt, auch selbst erfahren und umgesetzt hat.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Erfolg wird schnell aufs Monetäre reduziert. Reicht das aus, um auf Dauer erfolgreich zu sein? Braucht es dazu nicht mehr? Bleiben dabei nicht Freunde und Familie auf der Strecke, weil man sich zu sehr auf den Erfolg konzentriert?
Zitelmann: Geld kann wichtig sein, aber es gibt viele andere Bereiche, wo man erfolgreich sein kann, und die mit Geld gar nichts zu tun haben. Ich habe mich den größten Teil meines Lebens kaum für Geld interessiert (und hatte daher auch keines), weil mir beispielsweise die Anerkennung in der wissenschaftlichen Forschung oder das publizistische Wirken viel wichtiger waren. Und ich mache auch heute viele Dinge, die mit Geld wenig zu tun haben – so etwa den neu gegründeten ambition-verlag, den ich sicher nicht aus finanziellen Gründen ins Leben gerufen habe, sondern einfach deshalb, weil mir der Umgang mit Büchern ungeheuren Spaß macht.
Freunde und Familie müssen für erfolgreiche Menschen keineswegs auf der Strecke bleiben. Wer es lernt, effizient zu arbeiten, hat auch Zeit für Privates, für Sport, für Entspannung, für Gespräche mit interessanten Menschen. Geld ist hilfreich, wenn man es nicht überwiegend für den Konsum ausgibt, sondern es in interessante Projekte investiert. Und Geld bedeutet auch Freiheit – was mich das höchste Gut überhaupt ist.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Wer hat Sie in Ihrem bisherigen Leben am meisten beeindruckt?
Zitelmann: Das ist ohne Zweifel Christoph Kahl, über den ich auch in meinem Buch schreibe. Beeindruckt haben mich seine ungewöhnliche Intelligenz und Auffassungsgabe, seine Ehrlichkeit und Geradlinigkeit. Und er ist für mich ein Beispiel, dass am Ende derjenige den größten langfristigen Erfolg hat, der Nutzen für andere Menschen stiftet, so wie Christoph Kahl für die Kunden seines Unternehmens JAMESTOWN.
Es gibt aber viele andere Menschen, die ich nennen könnte, so den ehemaligen Präsidenten des BFH Prof. Wolfgang Spindler oder Theo Müller („Alles Müller oder was“) oder die leider im letzten Jahr verstorbene Meinungsforscherin Prof. Elisabeth Noelle-Neumann, die ich sehr bewundert habe. All diese Menschen sind bzw. waren bereit, auch gegen den Strom zu schwimmen und sie plappern nicht einfach das gedankenlos nach, was alle sagen.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Welcher Typ Mensch hat Ihrer Meinung nach die besten Chancen erfolgreich zu sein? Welche Eigenschaften braucht er/sie?
Zitelmann: Das ist eben nicht EINE einzige Eigenschaft, sondern es sind genau die Eigenschaften, die ich in den einzelnen Kapiteln meines Buches beschreibe: Die Kombination von Ausdauer und Experimentierfreudigkeit, verbunden mit einer hohen Frustrationstoleranz, ist wichtig.
Der Mut anders zu sein als andere und gegen den Strom zu schwimmen. Und der Mut, sich größere Ziele zu setzen als andere Menschen es wagen. Und schließlich wird dauerhaft nur derjenige Erfolg haben, der vor allem auch das berücksichtigt, was ich im letzten Kapitel über „Spannung und Entspannung“ schreibe. Ansonsten kann das Erfolgsstreben schlimm enden, etwa in einem Burn-out.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Sind sich die meisten Menschen, die Erfolg haben, in ihrer Persönlichkeitsstruktur ähnlich oder doch auch sehr unterschiedlich?
Zitelmann: Es gibt beides – Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Aber ohne den brennenden Ehrgeiz, etwas „Besonderes“ aus seinem Leben zu machen, wird man nur schwer Erfolg haben.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Warum fällt es vielen Menschen immer so schwer sich Ziele zu setzen und ihren Vorsätzen treu zu bleiben? Gibt es Tricks durchzuhalten?
Zitelmann: Viele Menschen setzen sich deshalb keine größeren Ziele, weil sie Angst vor dem Scheitern haben. Ich finde es aber gar nicht schlimm, wenn man ein Ziel nicht erreicht. Wer es jedoch erst gar nicht versucht, der ist von vornherein gescheitert. Begeisterungsfähigkeit und Selbstdisziplin sind zwei wichtige Erfolgsfaktoren, die ich in meinem Buch beschreibe. Wem eines von beiden fehlt, wird nicht durchhalten. Man kann aber Disziplin auch lernen, so wie man einen Muskel trainieren kann, der ja auch nur durch immer höhere Belastung wächst.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Welchen Punkt halten Sie für den entscheidenden, an dem die meisten scheitern? Was machen erfolgreiche Menschen anders?
Zitelmann: Scheitern ist nicht schlimm. Alle erfolgreichen Menschen sind immer mal wieder mit verschiedenen Projekten gescheitert – oder standen kurz davor. Auch dafür gibt es in dem Buch viele Beispiele. Es geht aber darum, wie ich mit Erfolg und mit Niederlagen umgehe. Werde ich im Erfolg übermütig – oder behalte ich mir eine gewisse Demut? Wie rasch stehe ich nach einer Niederlage wieder auf? Gebe ich mir selbst Schuld oder den anderen? Schaue ich in die Vergangenheit zurück und hadere mit Dingen, die ich ohnehin nicht mehr ändern kann, oder schaue ich nach vorne? Davon, wie diese Fragen beantwortet werden, hängt viel ab.
empfohlene-wirtschaftsbücher: Worin unterscheidet sich Ihr Buch von allen anderen „Erfolgreich-sein“-Büchern?
Zitelmann: Ich habe unzählige Erfolgsbücher gelesen. Viele davon sind banal, weil sie den Menschen einreden, sie müssten nur „positiv denken“ und dann hätten sie Erfolg. Es gibt auch einige gute Bücher zum Thema.
Was mir aber gefehlt hatte, war die systematische Analyse von derzeit lebenden Menschen. Nehmen Sie ein Buch wie Napoleon Hills „Denke nach und werde reich“. Ein beeindruckendes Buch, das ich mehr als einmal gelesen habe. Aber es wurde vor fast 50 Jahren geschrieben. Viele Personen, deren Beispiele dort erzählt werden, sagen uns heute wenig. Ich habe mich auch für historisch erfolgreiche Personen wie etwa Rockefeller interessiert, aber vor allem hat mich interessiert: Was hat Leute wie Buffett, Bill Gates, Steve Jobs oder die Gründer von Starbucks, Facebook, Google, Oracle usw. so erfolgreich gemacht? Oder Frauen wie Coco Chanel oder Madonna?
Erfolgreiche Menschen sind meist Nonkonformisten, die den Mut hatten, gegen den Strom zu schwimmen und unabhängig zu denken. Das wird in den meisten Büchern, die ich gelesen habe, nicht genügend herausgearbeitet. Zudem finden Sie im Kapitel 9 meines Buches eine Methode, mit der Sie sich große Ziele „einprogrammieren“ können – die ich entwickelt und erprobt habe. Mehr möchte ich nicht verraten, schließlich möchte ich ja, dass Ihre Leser neugierig bleiben und mein Buch kaufen. •bb
Das Interview wurde durchgeführt von „PERFORMANCE Finanzinformationen auf den Punkt gebracht“. Sie finden das Interview auch im VI-Report von PERFORMANCE .
Die Besprechung zu diesem Buch finden Sie hier:
Setze dir größere Ziele!, ambition verlag, 2011